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Eisvogel fotografieren: So läuft das mit dem  Eisvogel wirklich.
3.411 mal gesehen | Aktualisiert: 16. April 2024 | Stefan Gerlach | Blog | Naturfotografie

Eisvogel fotografieren: So läuft das mit dem Eisvogel wirklich.



Überall sehen wir sie. Diese wunderschönen Bilder vom Eisvogel, dem glitzernden und schimmernden, fliegenden Edelstein. Wow. Wirklich schön anzusehen. Klar, dass sich nun viele denken, ich will auch einen Eisvogel fotografieren. Na dann mal los. Ich wünsche dir viel Spaß.

Wenn du magst, bleibe noch ein wenig und ich berichte dir heute mal wie das wirklich abläuft. Eines vorweg: Ich habe gerade neulich einen Bericht zu einer Doku über den Eisvogel gelesen. 2 Jahre Beobachtungen und Dreharbeiten. So lange dauert es sicher nicht, bis du dein erstes Foto hast, aber stelle dich darauf ein, dass es dauert. Also solltest du dir von vorn herein klar darüber sein, dass du Geduld brauchst, sicher mehr als bei so manch anderen Tieren. Aber vielleicht ähnlich wie beim Fuchs: Den Fuchs fotografieren

Als kurzer Einstieg: Wer oder was ist der Eisvogel?

Der Eisvogel ist ein blau/türkis (je nach Sonneneinstrahlung) und orangefarbener kleiner Vogel. Er scheint so bunt und sollte so sehr leicht zu finden sein, doch weit gefehlt. Er ist gar nicht so einfach zu erkennen inmitten seiner Wohn- und Lebensgebiete. Das wird mit der Zeit aber einfacher. Vor allem aber ist er gut zu hören. Einmal den Ruf des kleinen gehört, wirst du diesen immer wieder unter anderen erkennen. Eisvögel haben eine Länge von ca. 16 bis 18 cm und wiegen 35 bis 40 g. Die Flügelspannweite beträgt ca. 25 cm. Der Eisvogel lebt an mäßig fließenden und stehenden, klaren Gewässern mit Kleinfischen und Sitzwarten. 1973 und 2009 war der Eisvogel Vogel des Jahres in Deutschland. Er ist zur Zeit nicht bedroht und brütet meist zweimal jährlich.

Den Eisvogel fotografieren: Ein kleiner Beobachtungsbericht.

Fangen wir mal an. 2015 konnte ich den Eisvogel fotografieren, allerdings für mich nicht zufriedenstellend. Und nachdem mich das Fotografiefieber für die Wildlife Fotografie nun wieder gepackt hat, habe ich mich erneut sehr intensiv, oder auch intensiver als damals mit dem kleinen Vogel beschäftigt. Ich weiß bereits seit damals wo die Brutstätten sind.

Ein Foto vom Eisvogel von 2015

Dort kann und will ich nicht fotografieren. Zum einen sollte man da eh nicht stören und zum anderen ist die Bruthöhle nur vom Wasser aus einsehbar, oder vom weit entfernten anderen Ufer. Also musste ich die vergangenen Tage (eher Wochen) damit verbringen, zu schauen wo sich der Vogel so aufhält. Und wenn man andere Berichte liest, hat dieser wohl grundsätzlich auch die Gewohnheit Ansitze, also Äste von denen er fischt, immer wieder anzufliegen. Nun, ich habe da eine Theorie, warum das bei uns hier anders ist. Der See und die Bäche hier bei uns gehören dem Fischereiverein, das bedeutet, dass hier immer mal wieder Angler sitzen und der Eisvogel gezwungen ist, sich einen anderen Ast zu suchen und dort sein Glück zu versuchen. Das würde zumindest erklären, warum ich ihn die gesamten letzten 10 Tage nicht ein einziges Mal wiederholt an ein und demselben Ast gesehen habe. Obwohl ich schon echt viele kenne, wo er sitzt. Da macht man mal den ein oder anderen Kilometer...

 

Nicht das wir uns falsch verstehen, ich sehe ihn oft und konnte auch schon das ein oder andere Bild machen. Aber meist fliegt er genau an meiner Nase vorbei (tanzt mir förmlich darauf rum) oder er sitzt so weit weg auf einem Ast oder Zweig, dass ich ihn selbst mit 600 mm auf einer APS-C nicht klar und nah genug fotografieren kann.

Die ersten Tage verbrachte ich also meist damit zu beobachten, zu studieren und die ein oder andere Stunde einfach nur zu warten. Wo fliegt er hin, wann kommt er von dort wieder und was passiert danach. Gleichen sich Uhrzeiten und Positionen an verschiedenen Tagen? Ich verbrachte ca. 40 Stunden mit dem reinen Beobachten, bis ich die ersten Male saß und gewartet habe zum fotografieren.

Am 7. Tag habe ich an einem kleinen Fluss den der Eisvogel immer mal wieder anflog einen etwas dickeren Ast ein-/angebracht. Denn hier gibt es kaum/keine Möglichkeiten für den kleinen Vogel. Also dachte ich mir, so haben wir beide etwas von. Der Eisvogel kann vom See (und den Anglern) weg und hat hier die Möglichkeit zu fischen. Und ich lege mich einmal dort hin und mache Fotos… 6 Stunden lag ich dort schon. Eine Ringelnatter konnte ich fotografieren. Den Eisvogel habe ich hier nie wieder gesehen.

Und so lief es Tag für Tag. 14 Tage beobachte ich nun. Locker 40 Stunden habe ich auch und vor allem in meinem Urlaub investiert. Und alles was ich bis hierhin habe, sind Dokumentationsfotos, die ich nicht mal zeigen möchte.

Der beste Tag.

Ich hatte nun also einen Ansitz, wo der Eisvogel jetzt schon einige Male saß. Hier darf niemand Angeln, die Pfade dorthin sind so schmal, dass auch Spaziergänger hier nicht lang laufen und ich habe richtig Ruhe zu beobachten und zu warten. Also machte ich mich nun schon zum dritten mal an diese Stelle um bei bestem Lichteinfall um ca. 17 Uhr dort zu verweilen und richtete meine Kamera auf “den” einen Ast aus. Kurz noch etwas verstecken (tarnen) und los gehts. Keine zwei Minuten saß ich dort, da konnte ich schon ein Blässhuhn vor mir lang paddeln sehen und auch ein Rotkehlchen hüpfte vor mir durch die Zweige. Nein, dachte ich mir. Heute ist der Eisvogel dran, kein “Beifang”. Ich ließ also die Kamera ausgerichtet auf den Ast und verhielt mich weiter still.

Nach wenigen Minuten hörte ich ihn dann. Immer mal wieder. Er schien an dem Ast und mir vorbei zu fliegen. Vielleicht saß er schon irgendwo neben mir, aber ich blieb eisern und schaute weiter ruhig in Richtung Ast.

Gut getarnt. Das hat heute geklappt, wie später klar wird

Der Eisvogel mein Sitznachbar.

Nach 20 Minuten war es dann (fast) soweit. Er flog am Ast vorbei, ich drehte mich (schon aufgrund der Nähe) mit in seine Flugrichtung und er setze sich ca. 2,5 Meter schräg hinter/neben mir auf einen Ast. Mist. Und nun? Ich hatte mich mit bewegt, zurück konnte ich nicht. Jede Bewegung würde er nun registrieren. Also verharrte ich mit den Händen an der Kamera aber dem gesamten Oberkörper und Kopf nach links hinten gedreht gefühlt 15 Minuten. Der Puls ging bis nach sonstwo und meine Beine schliefen mir ein. Aber ich wollte mich nicht bewegen. Und es sollte noch “schlimmer” kommen. Als ich also da so verharrte und mich bemühte nicht das atmen zu vergessen, fing er an Laute von sich zu geben und diese wurden aus der Ferne erwidert. Diese entfernten Rufe wurden lauter und lauter bis sie beide in etwa die gleiche Lautstärke hatten. Nun waren da also zwei Eisvögel. Direkt neben mir und ich kann nichts tun. Bewege ich mich, sind sie weg. Da saßen sie also nun die beiden Eisvögel, toll zu beobachten. Ein schönes Erlebnis, auch ohne Foto dachte ich mir. Aber es sollte noch “schlimmer” kommen.

Gesellige Runde: Hallo Falke, ich bin Stefan

Die beiden wurden immer lauter und lauter, bis sie plötzlich weg flogen. Ich dachte ich spinne. Da setzt sich auf einen aus dem See ragenden dicken Ast ein Turmfalke, ca. 3 Meter neben mir. Der Grund für das schnelle abfliegen der beiden. Meine Pumpe wurde schneller, die Eisvögel eh schon weg. Jetzt oder nie dachte ich. In Sekundenbruchteilen entschied ich meine Kamera unter der Tarnung leise und langsam vom Stativ zu lösen und mich freier nach links zu drehen, da mir sonst ein Baum im weg gewesen wäre. Es vergingen keine 20 Sekunden da war alles wieder vorbei. Der Falke nahm etwas wahr und hob wieder ab. Kein Foto. Aber was für Wahnsinns-Erlebnisse innerhalb von ein paar Minuten. Wow. Einen Greifvogel konnte ich in Natura noch nie so nah kommen, ein tolles Gefühl. Das musste ich erstmal sacken lassen. Ich blieb noch etwa eine Stunde an Ort und Stelle, den Eisvogel konnte ich leider nicht mehr in der Nähe sehen, aber meine Beine hatten Zeit wieder im hier und jetzt anzukommen, mein Puls normalisierte sich wieder und ich hatte wieder angefangen zu atmen. Ich machte mich nach 2 Stunden zufrieden auf den Heimweg.

Solche Momente sind es allein schon wert, den Eisvogel zu beobachten. Und es sind auch die Momente, die mich motivieren bald wieder ein paar Stunden zu sitzen und zu warten.

Der Eisvogel-Ast ohne Eisvogel

Was ich dir damit sagen will? Es ist nicht einfach, wenn du den Eisvogel fotografieren möchtest. Aber es ist natürlich möglich und wenn du alles drum herum auch so genießen kannst wie ich, dann gehe raus und fotografiere. Viel Spaß dabei!



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