Wenn Du Tiere in freier Wildbahn fotografierst, stellst Du Dir früher oder später die Frage: Wie viel Tarnung brauche ich eigentlich? Ist ein Tarnzelt Pflicht oder reicht es, sich ruhig zu verhalten und gedeckte Kleidung zu tragen?
Die Antwort liegt wie so oft in der Naturfotografie irgendwo dazwischen.
Tarnung ist ein wichtiges Werkzeug – aber nicht in jeder Situation entscheidend. Sie hängt stark davon ab, ob Du auf der Pirsch bist oder im Ansitz fotografierst, wie scheu die Tiere sind und wie Du Dich im Feld verhältst.
Beim Ansitz bleibst Du an einem festen Standort, meist gut vorbereitet und frühzeitig aufgebaut. Du wartest geduldig, bis die Tiere zu Dir kommen. Hier spielt Tarnung eine große Rolle: Je unauffälliger Du im Umfeld integriert bist, desto natürlicher verhalten sich die Tiere. Ein gut platziertes Tarnzelt oder ein natürlicher Unterschlupf sind ideal.
Die Pirschfotografie funktioniert anders. Du bewegst Dich aktiv, suchst Motive, verlagerst Deine Position. Hier ist weniger die perfekte Tarnfarbe entscheidend, sondern Bewegung, Timing und Beobachtungsgabe. Ein Tarnmuster kann helfen, aber auffällige Gesten, hastige Schritte oder falsche Windrichtung verraten Dich schneller als jede Kleidung.
Je scheuer das Tier und je offener das Gelände, desto wichtiger wird Tarnung. Bei Rotwild, Reihern oder Greifvögeln etwa ist sie fast unverzichtbar, um natürliche Distanzen zu verringern.
In städtischen Parks, an Teichen oder an Futterstellen hingegen sind viele Arten an Menschen gewöhnt – hier genügen ruhiges Verhalten und unauffällige Kleidung. Tarnung ist also kein Selbstzweck, sondern immer eine Frage des Zielmotivs und der Umgebung.
Eine gute Tarnung beginnt bei der Kleidung. Erdfarben und matte Oberflächen sind wichtiger als das exakte Muster. Hauptsache, Deine Silhouette löst sich auf und Du reflektierst kein Licht.
Tarnjacken oder Ghillie-Suits sind für sehr scheue Arten oder offene Landschaften sinnvoll, für Wald und Busch reicht meist ein dezentes, unauffälliges Outfit.
Auch Kamera und Objektiv sollten keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Helle oder metallische Flächen reflektieren Licht, selbst wenn Du perfekt still sitzt. Tarnband oder passende Schutzhüllen schaffen Abhilfe. Achte darauf, dass sich Deine Kamera unauffällig in die Umgebung einfügt und nicht durch Blinken oder Signaltöne verrät.
Ein einfaches Tarnnetz kann ebenfalls Wunder wirken. Es muss nicht teuer sein – ein Netz, das Du mit etwas Laub oder Zweigen kombinierst, reicht oft aus, um Deine Kontur aufzulösen. Wichtig ist, dass Du Schatten nutzt und in Strukturen bleibst, die Deinen Umriss brechen.

Ein Tarnzelt oder sogenannter Foto-Hide ist ein fester oder mobiler Unterschlupf, der es Dir erlaubt, Tiere aus nächster Nähe zu fotografieren, ohne sie zu stören. Solche Hides gibt es in vielen Varianten – vom kleinen Ein-Personen-Zelt bis hin zu professionellen, stationären Verstecken mit Sichtschlitzen und Dreibeinboden.
Vorteile: Du kannst Dich bewegen, ohne gesehen zu werden, bist wettergeschützt und hast Zeit, auf den richtigen Moment zu warten. Besonders für Vogel- oder Säugetierfotografie sind Hides unverzichtbar.
Nachteile: Der Aufbau ist aufwendig, der Standort entscheidend. Ein schlecht gewählter Platz oder falsche Lichtverhältnisse machen die beste Tarnung wirkungslos. Wichtig ist, das Tarnzelt frühzeitig aufzustellen, damit sich die Tiere an den neuen Gegenstand gewöhnen.
| Tarnart | Geeignet für | Vorteile | Einschränkungen |
|---|---|---|---|
| Tarnkleidung | Pirsch, Waldgebiete | Flexibel, leicht, günstig | Begrenzter Schutz bei Bewegung |
| Tarnnetz | Ansitz, Übergangsbereiche | Schnell einsetzbar, variabel | Wenig Komfort, Sicht eingeschränkt |
| Tarnzelt / Hide | Langzeitansitz, Vogelfotografie | Vollschutz, ideal für scheue Arten | Aufwendig, Standortwahl kritisch |
| Natürliche Deckung (Büsche, Bäume) | Kurzansitze, spontane Begegnungen | Natürlich, unauffällig | Kaum Schutz vor Bewegung oder Geräusch |
Selbst die beste Fotoausrüstung bringt wenig, wenn Dein Verhalten nicht passt. Tiere reagieren weniger auf Farben als auf Bewegungen und Geräusche. Je ruhiger Du bist, desto natürlicher bleibt ihr Verhalten. Achte auf:
Bewegung: Langsam und kontrolliert. Jede plötzliche Geste kann den Fluchtinstinkt auslösen.
Licht: Vermeide direkte Sonne oder Gegenlicht, das Deine Silhouette betont.
Geräusch: Kein Rascheln, kein metallisches Klicken. Kameratöne ausschalten.
Wind: Viele Tiere nehmen Gerüche besser wahr als Bewegungen. Positioniere Dich mit Wind im Gesicht.

| Punkt | Erledigt? |
| Kleidung in gedeckten, matten Farben | ☐ |
| Kamera und Objektiv getarnt oder abgedeckt | ☐ |
| Windrichtung beachtet | ☐ |
| Bewegungen langsam und kontrolliert | ☐ |
| Standort mit Schatten und Deckung gewählt | ☐ |
| Kein unnötiger Lärm oder Geruch | ☐ |
| Tarnzelt frühzeitig aufgebaut (falls verwendet) | ☐ |
| Tierverhalten vorab beobachtet | ☐ |
Manche Wildlife-Fotografen schwören auf Volltarnung vom Hut bis zum Stativ. Andere kommen mit gedeckter Kleidung und ruhigem Verhalten zum Ziel. Beide Wege sind richtig, solange sie zum Motiv und Umfeld passen.
Wer in freier Landschaft auf Rehe, Füchse oder Greifvögel arbeitet, profitiert enorm von guter Tarnung. Wer im Garten oder an Teichen fotografiert, kann oft darauf verzichten.
Tarnung ist kein Selbstzweck und kein Ersatz für Wissen, Geduld und Achtsamkeit. Sie ist ein Werkzeug, das richtig eingesetzt den entscheidenden Unterschied machen kann. Ob Du Dich im Tarnzelt verkriechst oder vorsichtig pirscht – wichtig ist, dass Du die Tiere respektierst, ihre Distanz wahrt und Dich selbst als Gast im Lebensraum Natur verstehst.
Wer sich ernsthaft mit Wildlife-Fotografie beschäftigt, sollte Tarnung als Teil des Handwerks sehen – nicht als Pflicht, sondern als Möglichkeit, näher dran zu sein, ohne näher zu treten.
Tarnung ist ein hilfreiches Werkzeug, aber nicht immer zwingend notwendig. In offenen Landschaften oder bei scheuen Tieren ist sie unverzichtbar, bei gewöhnten Arten oft weniger entscheidend.
Nicht unbedingt. Ein Tarnzelt hilft bei scheuen Arten und längeren Ansitzen, ist aber kein Muss. Gute Position, Ruhe und das Verständnis für Tierverhalten sind oft genauso wichtig.
Vermeide reflektierende Flächen und Geräusche. Tarnband, Stoffüberzüge oder spezielle Objektivhüllen helfen, Lichtreflexe zu vermeiden und die Ausrüstung anzupassen.
Wähle einen Platz mit Deckung und Schatten, achte auf Windrichtung und vermeide direkte Sonne. Je natürlicher Du ins Umfeld eingebettet bist, desto erfolgreicher wirst Du fotografieren.
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